[REZENSION] Die Erben der Nacht - Ulrike Schweikert




Wow! Meine allererste Rezension und dann gleich zu einer sechsbändigen Reihe...schwierig, schwierig.




Europa 1877: Die Clans der Vampire sind schwach geworden, gefährlich schwach. Deshalb gründen die sechs Familienoberhäupter auf Drängen der mächtigen irischen Druidin Tara eine Akademie, in der die Erben die Stärken jedes Clans erlernen sollen, um eine gemeinsame starke Blutlinie zu gründen. Dazu gehört jedoch auch, jahrhundertealten Hass zu besiegen und Veränderung zuzulassen. Entsprechend der Heimat der Clans findet die Akademie jedes Jahr in einem anderen Land statt: Bei den Nosferas in Italien, den Lycana in Irland, den Pyras in Frankreich, den Vamalia in Deutschland, den Dracas in Österreich, den Vyrad in  England und den Oscuri in Venedig. Dabei müssen sich die jungen Vampire nicht nur gegen strenge Lehrmeister wehren, denn in den tiefen der Vergangenheit lauert ein schrecklicher Feind...




Definitiv ein Must-have für alle Fantasy- und Vampirfans. Wer jetzt denkt toll, der tausenste Fantasy-Roman in meinem Regal falsch. Denn es gibt etwas, das diese Reihe auszeichnet: Weder läuft alles auf die eine tragische Liebe hinaus, noch haben wir es mit blutrünstigen Bestien zu tun. Stattdessen sind diese Vampire ganz normale Teens und junge Erwachsene, die mit den alltäglichen Problemen des Erwachsenwerdens zu kämpfen haben. Ja okay, bei uns Menschen zählt dazu vielleicht nicht gerade, dass wir erst ab unserem 18. Lebensjahr Menschenblut trinken dürfen und uns deshalb das ein oder andere Ma(h)l –sorry Wortwitz hehe- schon sehr zusammenreißen müssen...

Der erfrischende Erzählstil und die Perspektivwechsel lockern die Geschichte zusätzlich auf, obwohl sie das eigentlich gar nicht nötig hat: Ulrike Schweikert findet hier eine ganz neue Herangehensweise an die nächtlichen Wesen, die sie als liebens- und leidensfähig, vielleicht sogar menschlich erscheinen lässt. Zwar rauben die Vampire den Menschen jede Nacht ihr Blut, doch haben es sich die sechs Clans zur Aufgabe gemacht, dabei keinen Menschen zu töten. Dies und viele weitere Dinge bringen mich dazu, mit den Vampiren zu sympathisieren und zu fühlen. Ein weiteres Plus sind die vielen ausdifferenzierten Charaktere -viel mehr als in anderen Büchern- sodass ich manches Mal wirklich gedacht habe aha, das passt jetzt aber wirklich gut zu deiner überheblichen Art  - oder eben auch nicht, weil jeder einzelne immer wieder Überraschungen bereit hält. Denn wenn eines in diesen Büchern noch zahlreicher erscheint als historische Schauplätze, dann sind es Überraschungen und Wendepunkte.

Nicht zuletzt war ich beeindruckt von der Charakterstärke der Erben, die trotz so mancher Familienfehde dann doch zusammenhalten, wenn es eng wird. Die Geschichte schafft es, Hoffnungen und Zweifel auf den Leser zu übertragen und entwickelt im Laufe der Bände Wandlungen der Charaktere in beide Richtungen. So war ich beispielsweise mehr als verwundert, dass ein von mir eigentlich als arrogant und widerlich eingestufter Dracas auf einmal seine loyale Freundschaft unter Beweis stellt. Generell ist es schön zu sehen, wie schnell sich alte Feindschaften in Freundschaft wandeln, doch es bleiben auch viele Vorurteile bestehen, die denen von uns Menschen gar nicht so unähnlich sind: Die uralten Streitigkeiten der Menschen und ihrer Ländereien übertragen sich auch auf die Vampire. Darüber hinaus werden auch historische gesellschaftskritische Aspekte wie die Nichtverfolgung von Todesfällen in der ärmeren Schicht oder die Unterscheidung von Vampiren in rein und unrein angesprochen.

Zudem müssen Fantasy und Wahrheit nicht so weit auseinander liegen wie man glauben mag: Nach eigener Angabe bemüht sich die Autorin, dem Leser einen Blick in die damalige Welt des neunzehnten Jahrhunderts mit ihrer Politik, der Kunst und den Wissenschaften zu ermöglichen. Es tauchen viele Menschen auf, die es tatsächlich gab, Männer und Frauen der Politik, aber auch Künstler, deren Werke der Musik, der Malerei oder der Literatur uns heute noch prägen; so z.B. das Phantom der Oper während des Akademiejahres in Paris oder auch die kaiserliche Familie von Österreich-Ungarn.

Und als Sahnehäubchen gibt es sogar eine Karte im Einband und ein Glossar. Wer mich kennt weiß, dass es bei einem Buch mit einer Karte, auf der man die Gegebenheiten und Wege der Figuren nachvollziehen kann, um mich geschehen ist. Auch das Glossar ist recht nützlich, denn etwa auf architektonische Besonderheiten oder die Details der damaligen Damengarderobe wird im Text –zum Glück- nicht näher eingegangen. Interessierte können an dieser Stelle gerne nachschlagen, auch Gaststars wie Giuseppe Verdi oder Lord Byron findet Ihr dort.





Eine klare Leseempfehlung für Fantasy-Freunde und die, die es noch werden wollen. Die Reihe eignet sich sehr gut als Einstieg, da alle übernatürlichen Phänomene sehr gut erklärt werden und nicht überhand nehmen. Zudem wandeln wir in jedem Band durch einige der wohl schönsten Städte der Welt. Besonders toll sind die vielen unvorhersehbaren Entwicklungen und Intrigen, die uns sogar bis nach Transsilvanien führen. Es war wirklich schwer, nicht zu viel zu verraten. Mein einziger Kritikpunkt ist eigentlich gar keiner, bzw. richtet sich nur an das Lesealter: Mit 14 Jahren habe ich „Die Erben der Nacht“ zum ersten Mal gelesen und war hin und weg. Heute mit 20 musste ich über die ein oder andere Gefühlsduselei der Vampirteenager schmunzeln – aber positiv! Sonst hätte ich die ganze Reihe ja wohl nicht schon dreimal gelesen... welches Buch das schafft, kann natürlich nur 5 Federn bekommen. Ich freue mich schon darauf, die sechs Bände einzeln zu rezensieren, dann bekommt ihr einen noch besseren Einblick!





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2 Kommentare

  1. Hey, willkommen in der Bloggerwelt!
    Die Reihe habe ich schon seit Jahren auf dem Radar, aber bisher hat sie mich noch nicht genug interessiert, um sie auch tatsächlich zu lesen. Vielleicht ändert sich das ja noch, deine Rezension klingt auf jeden Fall sehr vielversprechend!

    Liebe Grüße,
    Jacquy

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  2. Liebe Jacquy,

    vielen vielen Dank für Deinen Support, das ist echt super schön, wenn man gerade erst online gegangen ist! Ich kann dir die Bücher wirklich nur wärmstens empfehlen, Du wirst nicht enttäuscht - versprochen :)

    Wunderbare Grüße,
    Alicia

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